Kathrin

Sein Finger. sein Mund. Immer wieder ihn im Kopf. Erinnerungen nie ausgelöscht. Sein Schwanz vor meinem Gesicht in der Dusche. Im Bett: Immer wieder diese Träume, beobachte mich, wie ich nackt und völlig gelassen auf einem Stuhl sitze, neben mir zwei Sessel  mit Frauen, von denen ich aber nur die Beine sehe. Dann kommen Tiere, so ähnlich wie Gürteltiere, laufen auf unsere Körper zu und fangen an, uns aufzuessen, lautlos, von den Füßen angefangen, es tut nicht weh, kein Schmerz, ich beobachtete nur stumm, keine Reaktion, es passiert einfach, auch bei den anderen, bis wir weg sind, einfach weg. Sein Schwanz in mir. Über mir. Vorn. Hinten. Verkrampfe mich und bin doch zu schwach. Zick nicht so, Du bist schon 7. Die Augen zugedrückt, damit nicht sein kann, was nicht sein darf. Nichts der Mama sagen, die glaubt mir nicht und ist bös mit mir. Lieber Barbiepuppen gequält, verstümmelt, Haare abgeschnitten. Wieder ein Traum, er rächt sich an mit, weil ich ihn verrate, weil ich alles erzähle, ich liege nackt auf einem Bett, meine Arme sind neben meinem Kopf mit weißen Stricken an das Bett gebunden, genauso ist es mit den Knien und meinen Füßen, ich kann mich nicht mehr bewegen und liege einfach da, in diesem Zimmer mit so einer alten, gemusterten Tapete, auch das Bett ist alt und die Bettwäsche, auf der ich liege, ist so komisch gemustert, dann geht die Tür auf, er kommt herein, trägt eine blaue Hose und ein kariertes Hemd, ist jünger als jetzt und er kommt von unten an das Bett, so dass er mich sehen kann, zwischen meine Beine sehen kann, er hält die Geflügelschere meiner Mutter in der Hand, setzt sie genau zwischen meine Beine an, dabei schiebt er eine Seite der Schere in mich hinein, die andere liegt auf dem Schamhügel und fängt an, mich aufzuschneiden, grinst mich an, lacht mich aus, hämisch, überlegen, ich sehe das ganze Blut und er schneidet einfach weiter bis kurz unter den Bauchnabel, dann legt er die Schere weg und lässt mich liegen, während ich verblute, bis es endlich vorbei ist. Sein Geruch, sein Blick, sein Fleisch, ich kotze ihn aus mir heraus, aus meinem Leben, aus meinem Körper, hungere mich weg von ihm, aus der Welt, er ist immer noch überall, mich friert, er ist hart, zu hart, in meinem Po, in meinem Gesicht, in mir, an mir, Angst. Wann kann ich mich befreien.
Kathrin, 27 Jahre  / München 2004
×