< Elke Bob und Co ElkeL >


Bob und Co waren Viele,
sie hatten DIS und es gab verschiedene Anteile in ihrem Inneren.

Sie erlebten sexuelle Gewalt im familiären Umkreis
und in einer organisierten Gruppierung.

In der Zeit, in der sie lebten - gerade auch als junge Erwachsene - gab es sehr wenig kompetente Hilfe und Begleitung für Menschen mit DIS. Ausreichende Hilfe zu finden war schwierig, noch viel schwieriger als es heute immer noch ist.

Doch trotzdem fanden sie die Kraft und setzten sich ein, machten auf Missstände aufmerksam und kämpften für eine bessere Begleitung und Hilfe sowie für mehr Kompetenz bei Helferinnen. 

Als Folge der eigenen Geschichte und des Erlebten schafften sie es nicht, trotz erblicher Vorbelastung, sich medizinisch untersuchen zu lassen. Als der Darmkrebs erkannt wurde, gab es keine Heilung mehr.

Trotz des schweren Lebens haben sie ihr Leben auch immer wieder genießen können; sie hatten sehr viel Humor, feierten gerne bei einem Glas Wein oder besuchten manchmal Konzerte unter freien Himmel.

Mit 47 Jahren hat der Darmkrebs sie plötzlich und schnell aus dem Leben gerissen.

Leider gab es für sie keine Chance zum Weiterleben.

Wenige Tage vor ihrem Tod sagten sie mir: Durch den Sterbeprozess würden die Innenanteile sich zu einem Ganzen vereinen.
 
Hier nun der letzte Text, den sie im April 2008 schrieben:

 

Anleitung

zum gehorsamen, erfolgreich – dynamischen Sterben mit Ihren Mitmenschen und wenn Sie wollen mit dem lieben Gott.
  1. Geben Sie Ihren Mitmenschen, egal wie es Ihnen gerade geht, das Gefühl, dass Sie Ihnen helfen können aber ohne, dass Sie sie zu sehr belasten.
  2. Verschonen Sie sie mit den üblichen langweiligen Todesdepressionen oder ermüdenden Erschöpfungszuständen
  3. Spielen Sie die Rolle des tapferen in das Schicksal ergebenen Sterbenden, der selbstverständlich dynamisch-aktiv seine letzten Stunden gestaltet, unabhängig davon, dass Ihnen kein Mensch sagen kann, wie viele dieser verdammten Stunden Sie noch durchzuhalten haben.
  4. Nicken Sie brav zu allen erbaulichen Gedanken Ihrer Mitmenschen zu dem Thema Tod und Sterben, seien es nun Worte wie: auch der Tod ist nur ein neuer Anfang oder kluge Worte, dass es schon irgendeinen Gott gäbe, der ausgerechnet auf Ihren Tod warte.
  5. Geben Sie vor zu glauben, dass das Sterben mit Hilfe der modernen Medizin gar nicht so grausam wäre.
  6. Behalten Sie vor allen Dingen folgende Gedanken für sich, bzw. brüten Sie darüber ausschließlich nachts und natürlich alleine darüber,
  1. dass Sie es einfach zum Kotzen finden, dass Sie sterben sollen
  2. dass Sie es noch mehr zum Kotzen finden, dass Sie nicht nur sterben müssen, sondern auch noch darauf warten müssen.
  3. dass Sie einfach kein Heul- und Zähneklappern zustande bringen, sondern Ihnen diese ganze Sterbenummer einfach nur wie absurdes Theater vorkommt. Und das, obwohl Sie natürlich als aufgeklärt realistischer Mensch im dynamischen Sterbeprozess dieser Tatsache aufrecht ins Auge blicken, wie es sich gehört.
  4. Nein, mal im Ernst, das Sterben ist kein heroischer Vorgang und die Menge der Erleuchtung vergrößert sich nicht, die Banalität des Sterbens unterscheidet sich in nichts von der Banalität des Lebens und Sie bleiben im Sterben derselbe Langweiler, der Sie immer schon waren. Versuchen Sie, so wenig daraus zu machen und übrigens, wenn Sie dann der liebe Gott nicht haben will, muss er noch ein größerer Dummkopf sein, wie ich bisher dachte.
Bob und Co, 17.04.2008